Mickiewicz

Mickiewicz
Mickiewicz
 
[mits'kjɛvitʃ], Adam, polnischer Dichter, * Zaosie (heute zu Nowogrudok, Weißrussland) 24. 12. 1798, ✝ Konstantinopel 26. 11. 1855; Studium in Wilna; 1819-23 Lehrer in Kaunas; 1824 wegen illegaler politischer Tätigkeit aus Litauen ausgewiesen, hielt er sich bis 1828 in Russland auf (u. a. in Moskau, wo er mit A. S. Puschkin zusammentraf). 1829 reiste er über Deutschland (Besuch bei Goethe in Weimar) nach Italien und 1830/31 während des polnischen Novemberaufstands an die Grenzen von Kongresspolen. Nach dem Scheitern des Aufstands ging er mit der »großen Emigration« nach Paris, war 1840-44 Professor für slawische Literaturen am Collège de France (wegen Verbreitung politischer und religiöser Ideen des Mystizisten A. Towiański suspendiert). 1848 versuchte er in Italien, eine polnische Legion gegen Österreich, während des Krimkrieges (1853/54-56) eine polnische Legion gegen Russland aufzustellen. Er reiste nach Konstantinopel, wo er an Cholera starb.
 
Mickiewicz gilt als Begründer und hervorragendster Vertreter der polnischen Romantik. 1820 schrieb er die »Oda do młodości« (gedruckt 1827; deutsch »Ode an die Jugend«), ein Gedicht in klassizistischer Odenform mit den Gedanken der Aufklärung. 1822 erschien der erste Band der »Poezje« (»Ballady i romanse«; deutsch »Balladen und Romanzen«) mit dem programmatischen Gedicht »Romantyczność«, 1823 ein zweiter Band, der die dramatischen Fragmente »Dziady« (Teil 2 und 4, der unvollendete Teil 1 erschien postum 1860) und die poetische Erzählung »Grażyna« (1823; deutsch) enthielt; beides waren romantische Programm- und Musterwerke. Höhepunkt des lyrischen Schaffens waren die »Sonety krymskie« (1826; deutsch »Krim-Sonette«), die sich durch künstlerische Invention, sprachliche Präzision und gedankliche Tiefe auszeichnen. In dem historischen Epos »Konrad Wallenrod« (1828; deutsch) über den Kampf der Litauer gegen den Deutsch Orden formuliert er die Erfüllung der patriotischen Pflicht, die sogar moralische Prinzipien außer Acht lassen darf, als oberste Maxime eines Polen. Nach dem polnischen Aufstand erschienen die beiden größten Werke Mickiewiczs: Der dritte Teil des Dramas »Dziady« (1832; deutsch als »Todtenfeier«) ist eine poetische Begründung der prophetischen Rolle des romantischen Dichters und eine religiös motivierte Erklärung der polnischen Niederlage; in dem als Nationalepos geltenden »Pan Tadeusz« (1834; deutsch »Herr Thaddäus oder der letzte Eintritt in Litthauen«) zeichnet er ein heiteres Bild des alten polnischen Kleinadels. Danach veröffentlichte Mickiewicz v. a. publizistische Texte. Seine literarischen, politischen und philosophischen Ansichten entwickelte er auch in den Pariser Vorlesungen (»Cours de la littérature slave«, 2 Bände 1845); in den schon 1832 erschienenen »Księgi narodu polskiego i pielgrzymstwa polskiego« (deutsch »Die Bücher des polnischen Volkes und der polnischen Pilgerschaft«) baute er den schon früher verkündeten Messianismus aus: Polen war als Christus der Völker ausersehen, die Welt von der Despotie zu erlösen.
 
Mickiewiczs Bedeutung geht weit über die Literatur hinaus. Schon zu Lebzeiten übernahm er die Rolle eines geistigen Führers für ein Volk ohne Staat und trug mit seinem Leben und Werk dazu bei, während der Teilungen bei den Polen das Bewusstsein nationaler Zusammengehörigkeit zu stärken.
 
Ausgaben: Dzieła, 16 Bände (1948-55); Dzieła wszystkie, herausgegeben von K. Górski, auf mehrere Bände berechnet (1969 folgende); Dzieła. Wydanie rocznicowe 1798-1998, bearbeitet von Z. J. Nowak, 4 Bände (1993-95).
 
Poetische Werke, herausgegeben von S. Lipiner, 2 Bände (1882-87); Dichtung und Prosa. Ein Lesebuch, herausgegeben von K. Dedecius (21995).
 
 
L. Mickiewicz: A. M., sa vie et son œuvre (Paris 1888);
 J. Kleiner: M., 3 Bde. (Lublin 1948);
 W. Weintraub: The poetry of A. M. (Den Haag 1954);
 
Kronika życia i twórczości M., hg. v. S. Pigón, 6 Bde. (Warschau 1957-78);
 A. Semkowicz: Bibliografia utworów A. M. (ebd. 1958);
 A. Witkowska: M. Słowo i czyn (Warschau 21983);
 
A. M. aux yeux des français, bearb. v. Z. Mitosek (Warschau 1992).
 

Universal-Lexikon. 2012.

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